In einem Vorstellungsgespräch kommt häufig die heikle Frage nach dem bisherigen Gehalt auf. Diese Frage stellt Sie als Bewerber oft vor ein Dilemma: Sollen Sie die Wahrheit sagen, ausweichen oder sogar die Vergütung höher ansetzen?
Die richtige Antwort kann darüber entscheiden, wie erfolgreich die Gehaltsverhandlung für Sie verläuft und ob Sie das Jobangebot erhalten.
In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Bedeutung das Thema für Sie und Ihren potenziellen Arbeitgeber hat. Sie erhalten praktische Tipps, wie Sie geschickt auf diese Frage antworten können.
Einordnung: Das Thema Gehalt im Bewerbungsprozess
Für potenzielle Arbeitgeber und Bewerber ist es kein außergewöhnliches Gesprächsthema. Zukünftige Vorgesetzte sind am Gehaltsthema interessiert, da sie die Gehaltsvorstellungen der potenziellen Arbeitnehmer frühzeitig erfahren wollen. Schließlich können sie so leichter abschätzen, ob diese Vorstellungen innerhalb ihrer vorgesehenen Budgets liegen.
So kann bereits die Angabe des Wunschgehalts in Ihren Bewerbungsunterlagen ein ausschlaggebendes Kriterium dafür sein, ob Sie vom Personaler für die weitere Auswahl in Betracht gezogen werden. Sie riskieren mit Gehaltsvorstellungen, die deutlich über dem Durchschnitt liegen, frühzeitig aus dem Auswahlprozess ausgeschlossen zu werden.
Die Gehaltsfrage aus Sicht der Bewerber
Falls in der Stellenausschreibung nicht explizit nach dem Wunschgehalt gefragt wird, ist es ratsam, dieses Thema in den eigenen Bewerbungsunterlagen zunächst nicht anzusprechen. Stattdessen sollten Sie sich darauf vorbereiten, dass das Thema im Rahmen des Vorstellungsgesprächs vonseiten des Personalers angesprochen wird.
Versuchen Sie eine klare Vorstellung über Ihren Gehaltswunsch zu haben – besser ist es, wenn Sie sich zusätzlich noch ein paar überzeugende Argumente für diesen Wunsch zurechtlegen können. So beweisen Sie Wissen um den eigenen Marktwert und treten selbstbewusst auf.
Die Frage nach der bisherigen Vergütung
Einige Personalverantwortliche wählen kreative Ansätze, um die Gehaltsvorstellungen der Bewerber zu ermitteln, beispielsweise durch die Frage nach dem bisherigen Verdienst. Solche Fragen können Sie in eine schwierige Lage bringen. Insbesondere wenn Unklarheit darüber besteht, ob und wie Sie darauf antworten sollen beziehungsweise dürfen.
Allerdings wollen Sie auch nicht den Eindruck erwecken, dass Sie nicht zur Beantwortung bereit sind. Vermeintlich falsches Verhalten in solchen Situationen kann die Chancen auf eine Stelle negativ beeinflussen, selbst wenn die Aussichten bis dahin positiv waren.
Bisheriges Gehalt: Obliegen Sie der Geheimhaltungspflicht?
Grundsätzlich unterliegen Sie als Arbeitnehmer einer Geheimhaltungspflicht in Bezug auf Ihren Lohn und andere vertrauliche Vertragsinhalte. Diese Verschwiegenheitspflicht gilt auch dann, wenn sie nicht explizit in Ihrem Arbeitsvertrag festgehalten ist.
Es gibt jedoch Ausnahmen von dieser Regel: Wenn Informationen über Ihre Vergütung allgemein bekannt oder leicht zugänglich sind, gelten sie als “offenkundig” und unterliegen nicht der Geheimhaltungspflicht.
Außerdem haben Sie als Arbeitnehmer ein Recht darauf, mit Ihren Kollegen über Ihre Gehälter zu sprechen, um beispielsweise zu überprüfen, ob Ihr Arbeitgeber den Gleichbehandlungsgrundsatz einhält.
Ihr Vorgesetzter könnte Streit über die Gehaltsgeheimhaltung auch vermeiden, indem er im Unternehmen eine gewisse Gehaltstransparenz einführt.
Die Rechtslage ist nicht ganz eindeutig, aber Sie sind grundsätzlich zur Verschwiegenheit verpflichtet, sofern Ihre Gehaltsinformationen nicht als “offenkundig” gelten.
Darf der Personaler oder der zukünftige Arbeitgeber nach Ihrem bisherigen Gehalt fragen?
Es ist Personalverantwortlichen oder zukünftigen Chefs – eigentlich – nicht gestattet. im Rahmen eines Vorstellungsgesprächs nach dem früheren oder derzeitigen Verdienst zu fragen. Diese Praxis gilt als unzulässig, da Sie potenziell benachteiligt werden und für die Einstellungsentscheidung – idealerweise – irrelevant sein sollte.
Es gibt jedoch spezifische Situationen – wie beispielsweise im letzten Punkt beschrieben – in denen der frühere Lohn einen Hinweis auf die Leistung des Bewerbers geben kann. Das gilt zum Beispiel für Berufe, in denen die Vergütung häufig auf Provisionsbasis erfolgt. In solchen Fällen kann die Frage nach dem früheren Gehalt gerechtfertigt sein.
Trotz allem nutzen viele Personaler diese Fragestellung, um die Gehaltsverhandlungen zu erleichtern. Sie sind jedoch nicht verpflichtet, Ihre bisherige Entlohnung anzugeben. Es steht Ihnen frei, Informationen über Ihren bisherigen Lohn zurückzuhalten oder strategisch einzusetzen, um Ihre Gehaltsvorstellungen für die angestrebte Stelle zu untermauern.
Lügen zum Gehalt: Was kann das für Sie bedeuten?
Unwahrheiten im Vorstellungsgespräch können auch zu diesem Thema für Sie weitreichende Folgen haben. Sie belasten damit von Anfang das Vertrauensverhältnis zum potenziellen neuen Arbeitgeber. Das kann die Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit erheblich erschweren.
Trotz der Versuchung, die eigene Entlohnung positiver darzustellen, ist es besser, im Bewerbungsgespräch ehrlich zu sein. Ihr Fokus sollte weniger auf dem bisherigen Gehalt liegen, sondern auf den Gehaltsvorstellungen für die neue Stelle.
Rechtliche Konsequenzen bei Verschleierung des vorherigen Verdienstes
Wer versucht, seine bisherige Vergütung geheim zu halten oder zu übertreiben, riskiert nicht nur das Vertrauen des potenziellen Arbeitgebers, sondern auch rechtliche Konsequenzen.
Nach deutschem Recht kann die falsche Angabe des aktuellen Gehalts als arglistige Täuschung gewertet werden, wenn sie als Grundlage für die Gehaltsberechnung dient. In einem solchen Fall kann der zukünftige Dienstgeber den Arbeitsvertrag rückwirkend anfechten.
Versuchen Sie, Fragen nach dem früheren Verdienst entweder geschickt zu umgehen oder wahrheitsgemäß zu beantworten.
Warum das bisherige Gehalt für Bewerber und potenzielle Arbeitgeber so wichtig ist
Der vorherige oder derzeitige Verdienst spielt nicht nur für Personaler, sondern auch für Sie als Bewerber eine wichtige Rolle:
Ein zentraler Aspekt ist die Eingrenzung der Gehaltsvorstellung. Durch die Kenntnis des bisherigen Lohns können Arbeitgeber besser einschätzen, welches Gehaltsniveau der Bewerber für akzeptabel hält. Diese Information hilft den Unternehmen, bereits zu einem früheren Zeitpunkt des Auswahlprozesses festzustellen, ob die finanziellen Erwartungen des Kandidaten mit dem vorgesehenen Budget vereinbar sind.
In bestimmten Branchen, vor allem dort, wo eine Vergütung auf Provisionsbasis üblich ist, kann das bisherige Gehalt zudem wertvolle Hinweise auf die Leistungsfähigkeit des Bewerbers geben. So kann ein hohes Provisionsgehalt auf außerordentliche Verkaufserfolge hindeuten, während eine eher niedrige Entlohnung Fragen aufwirft.
Die Kenntnis der finanziellen Vergangenheit des Kandidaten ermöglicht es potenziellen Vorgesetzten, realistische Gehaltsangebote vorzubereiten, die sowohl den Wert des Bewerbers für das Unternehmen widerspiegeln als auch so weit wie möglich den Erwartungen des zukünftigen Arbeitnehmers entsprechen.
Die Frage nach dem bisherigen Gehalt lässt auch Rückschlüsse auf Ihren Charakter und Ihre Selbsteinschätzung zu. Ein unrealistisch hohes oder auffallend niedrige Lohn kann Aufschluss über Ihre Selbstwahrnehmung und Ihren Marktwert geben.
Versuchen Sie dennoch, den Marktwert der ausgeschriebenen Stelle zu kennen, da die Gehaltsvorstellungen zu dieser relevanter sind als die bisherige Vergütung. Der Fokus auf die Zukunft bietet die Möglichkeit, eine faire und für beide Seiten zufriedenstellende Vereinbarung zu treffen, die sowohl Ihren Bedürfnissen als auch den Möglichkeiten des Unternehmens entspricht.
Tipps: So antworten Sie richtig auf die Frage zum bisherigen Gehalt
Sie können zwischen den zwei folgenden Strategien entscheiden, um auf die Frage nach Ihrem aktuellen Gehalt angemessen zu reagieren.
Tipp 1: Sie verweigern die Antwort
Dieser Ansatz ist besonders dann sinnvoll, wenn Ihr vorheriger Lohn weit unter dem Branchendurchschnitt liegt, die frühere Position sich erheblich von der neuen unterscheidet oder Ihre Gehaltsvorstellungen wesentlich höher sind.
Eine niedrige frühere Entlohnung könnte sonst fälschlicherweise als Hinweise auf eine geringere Qualifikation gewertet werden, was Ihre Verhandlungsposition schwächt.
Eine mögliche Antwort ohne Angabe des Gehalts könnte folgendermaßen lauten:
“Angesichts der Unterschiede zwischen meiner bisherigen Position und der ausgeschriebenen Stelle betrachte ich meine bisherige Vergütung nicht als relevanten Referenzwert. Wichtiger sind mir die Aufgaben und Perspektiven in Ihrem Unternehmen. Welches Budget haben Sie für diese Position vorgesehen? Ich bin mir sicher, dass wir eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung finden werden.”
Tipp 2: Sie geben eine ehrliche Antwort
Wenn Sie sich dafür entscheiden, Ihren aktuellen Lohn anzugeben, ist es wichtig, dass Sie ehrlich sind. Betonen Sie in Ihrer Antwort, welche Bedeutung die Position für Sie hat und stellen Sie diese über das Gehalt.
Folgende Formulierung hilft Ihnen bei Ihrer Antwort:
“Mein Lohn in meiner letzten/derzeitigen Position betrug/beträgt XX.XXX Euro pro Jahr. Angesichts der von Ihnen beschriebenen Aufgaben und der Möglichkeit, Führungsverantwortung zu übernehmen, halte ich eine Gehaltserhöhung von X Prozent für angemessen. Diese Vorstellung basiert auf meiner umfangreichen Erfahrung und den speziellen Weiterbildungen, die ich in der letzten Zeit absolviert habe.”Tipp 3: Worauf Sie bei beiden Antwortmöglichkeiten achten sollten
Eine gute Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch ist selbstverständlich. Achten Sie dabei auch darauf, dass Sie Ihren Wert kennen. Dieser hilft Ihnen, eine realistische Gehaltsspanne anzugeben und Ihre Gehaltsvorstellungen überzeugend zu begründen.
Rechnen Sie auch damit, dass der Personalverantwortliche auf eine konkrete Zahl besteht. Wenn der Personaler zunächst ein Angebot unterbreitet, sollten Sie bedenken, dass dieses oft bewusst niedrig angesetzt ist. Ihr Ansatz kann in dieser Situation sein, selbst eine Gehaltsvorstellung zu nennen – wie im zweiten Beispiel:
“In Anbetracht der Aufgaben der ausgeschriebenen Stelle und unter Berücksichtigung meiner Qualifikation sowie Weiterbildungen schätze ich meinen derzeitigen Marktwert auf XX.XXX bis XX.XXX Euro.”
Fazit: Offene und ehrliche Kommunikation ist der Schlüssel für ein Bewerbungsgespräch
Die Frage nach Ihrem früheren Gehalt kann in einem Vorstellungsgespräch heikel sein, aber mit der richtigen Vorbereitung und Strategie können Sie dieses Thema zu Ihrem Vorteil nutzen.
Entscheiden Sie bewusst, ob Sie die Frage nach Ihrer früheren Entlohnung ablehnen oder ehrlich beantworten, und stellen Sie immer die Relevanz Ihrer Fähigkeiten und die Anforderungen der neuen Stelle in den Vordergrund.
Eine gute Kenntnis Ihres Marktwertes, eine realistische Gehaltsspanne und überzeugende Argumente für Ihr Wunschgehalt sind entscheidend für eine erfolgreiche Verhandlung.
Vermeiden Sie Unwahrheiten, um das Vertrauensverhältnis zum potenziellen Arbeitgeber nicht zu gefährden. Letztendlich ist eine offene und ehrliche Kommunikation der Schlüssel zu einer für beide Seiten zufriedenstellenden Vereinbarung.
Top Jobs
Das könnte Sie ebenfalls interessieren
Ich bin überzeugt, dass es nichts Wichtigeres gibt, als Leute einzustellen und weiterzuentwickeln. Am Ende des Tages zählen Sie auf Menschen, nicht auf Strategien.
Lawrence Bossidy, GE